Etwas Warmes braucht der Mensch

Wer den Kollegen Bensing näher betrachten möchte, der muss schon zweimal hinschauen. Und das ganz genau. Denn: Er ist halt nicht sonderlich groß. Und außerdem ist er auch noch spindeldürr. Dabei kann er fressen wie ein Scheunendrescher – ohne dabei irgendein Gramm zuzunehmen. Aber das ist eine andere Geschichte. Und er kann auch ohne Gewichtszunahme mit dem Rauchen aufhören. Aber auch um dieses Thema soll es heute nicht gehen. Ein schmaler Körper ist ja generell eine gute und gesunde Sache. Aber er birgt auch Nachteile. Und hiervon will ich euch in diesem Blogbeitrag gerne berichten. 

Von Steffen Reith

Nico Bensing spielt ja gerne mit dem Image des harten Kerls, der ständig umherwuselt, ne Menge arbeitet und aushält und sich für nichts zu schade ist. Das ist auch nicht ganz falsch.

Aber: Ihr müsstet ihn mal hier bei uns im Gedankenturm sehen. Erwähnt hatte ich ja schon mal, dass er sich montags nach dem Fußball die Treppe hoch quält, sich auf seinen Stuhl in der Dachschräge niederlässt und dann rum jammert, dass ihm alles weh tue. Knie, Schulter, Kopf – hatten wir alles schon, seit wir hier im Gedankenturm hausen. Dabei ist er ja vor der Saison aus Altersgründen zu einem klassentieferen Verein gewechselt, um ein bisschen mehr Körner für die Arbeit zu haben. Hat irgendwie nicht so richtig geklappt.

Übrigens: Einmal habe ich ihm beim Kicken für seinen neuen Club zugeschaut. Da war ich echt erstaunt, mit welcher Passgenauigkeit man den Ball zu den Männern in den anderen Trikots spielen kann.

Nun ja, auch Fußball soll nicht das Thema sein. Jedenfalls klagt der Bursche hier in unserer Bürogemeinschaft recht oft herum. In den vergangenen Wochen ist es ihm hier im Gedankenturm zu kalt. Jetzt sitzt er auf seinem Bürostuhl in der Dachschräge und hat regelmäßig eine Decke – bei uns sagt man ja Kolter – auf dem Schoß liegen. Was ein Weichei! Vielleicht hat er Angst vor Blasen- oder Nebenhodenentzündung oder sonst was. Jedenfalls sieht es schon recht weibisch aus, wenn er aufsteht und die Decke um die Hüfte schwingt. Dabei strahle ich doch so viel Herzenswärme aus. Damit kann man normalerweise ganze Straßenzüge erhitzen.

Und ich frage mich auch, woher er das seltsame grün-weiß-graue Teil hat. Ich tippe ja mal, er hat es einem Obdachlosen entrissen.

Jetzt seid ihr irritiert darüber, dass der Bensing friert, während der Reith schwitzt. Ganz einfach: Weil er zu wenig auf den Rippen hat.

Ihr glaubt, das sei ein Klischee, dass Dünne schneller frieren?

Falsch. Das ist tatsächlich so. Drei Gründe gibt es laut Universität Cambridge hierfür:

  1. Dünne haben im Vergleich zu Dicken eine größere Körperoberfläche gegenüber dem Volumen. Und da die Wärme über die Oberfläche abgegeben wird, verlieren sie die gespeicherte Wärme schneller wieder.
  2. Dicke und normale Menschen müssen mehr arbeiten, um ihren Körper zu bewegen. Und Muskelarbeit erzeugt Wärme.
  3. Fett isoliert. Und wer keins hat, der hat nix zum Isolieren.

Jedenfalls habe ich keinen Bock darauf, die ganze Arbeit alleine zu machen, weil der Kerl sich schon wieder ne Männergrippe eingefangen hat. Übrigens: Unsere Pornobalken-Männergrippen-Spendenaktion läuft noch immer (Vergleiche die beiden vergangenen Blogtexte).

Neulich besuchten mich Gattin und Mutter gleichzeitig im Turm. Der Kollege war – mal wieder – unterwegs. Jedenfalls inspizierten sie die Decke/Kolter/Obdachlosenunterkunft und fragten, was es damit auf sich habe. „Der Kollege friert halt gerne“, erklärte ich. Und da brach bei den beiden die Fürsorge aus. „Der arme Kerl“, sagte die eine, „das Ding ist doch unhandlich“, sagte die andere.

Und so wurde schnell ein bisschen im Internet geschaut und fast genauso schnell bestellt. Es gibt tatsächlich Kuscheldecken mit Ärmeln, Fußtasche, Handytasche und Buchtasche. So ein Ding liegt jetzt bei uns im Turm. Während ich diesen Text schreibe, weiß Nico Bensing noch gar nichts von seinem neuem Glück. Denn: Er ist – mal wieder – unterwegs.

Diese Anschaffung mag bei den beiden Frauen aus einem Gefühl der Fürsorge entstanden sein. Bei mir war es reine Prävention. Nen kranken Bensing können wir nicht gebrauchen. Wer soll denn die Arbeit machen, während ich dummes Zeug schreibe?

Wer die Kosten für das neue Teil trägt, ist auch noch nicht bestimmt. Entweder er bekommt sie als vorgezogenes Weihnachtsgeschenk. Oder er spricht mal mit seiner Krankenkasse, ob die vielleicht bezahlt. Er kann ja die alte unhandliche und hässliche Kolter in Zahlung geben.

Mittlerweile habe ich diese Ärmel-/Taschen-Kuscheldecke mal ausgepackt und festgestellt, dass da mindestens dreimal Bensing-Format reinpasst.

Und da hatte ich eine Idee, die ich dann umgehend wieder verworfen habe. Ich dachte, ich könnte mal dazu schlüpfen. Denn manchmal geht es mir ja tatsächlich auch nicht so gut und ich zittere am ganzen Körper.

Aber wie gesagt: Ich habe den Gedanken schnell wieder ad acta gelegt. Denn zu warm soll es hier im Turm ja auch nicht werden.

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