Opa Ascona

Mein Opa hat einen alten Ascona B. Das ist ein Opel, und zwar ein ziemlich cooler. In lila-metallic und mit sogenannten Heckjalousien. Also passend zu meinem Opa. Der glitzert zwar nicht lila und hat auch keine Heckjalousien, war aber früher DJ und Draufgänger, also auch ziemlich cool. Wenn aus meiner Familie einer in „Manta, Manta“ hätte mitspielen können, dann der Opa. Nur dass der Film dann „Ascona, Ascona“ geheißen hätte. Aber das ist eine andere Geschichte.

Von Nico Bensing

Deshalb zurück zum Ascona meines Opas, quasi nicht zum Opel Ascona, sondern zum Opa Ascona. Da gibt es nämlich Neuigkeiten: Vor einer Woche und nach mehr als 20 Jahren hat das Auto erstmals wieder das Licht der Sonne erblickt. Wenn auch nicht ganz freiwillig und von Opa schon gar nicht so gewollt.

Vor gut zwei Dekaden hat mein Opa das Auto nämlich eingemottet, weil es hier und da Nachbesserungsbedarf gegeben hatte. Irgendwann, das hat er immer gesagt, wolle er ihn wieder fit machen für die Straße. Bis dahin sollte er zwischengelagert werden. Deshalb klopfte er bei seinem Nachbar und Freund an, um diesen zu fragen: „Kann ich meinen Ascona bei dir in der Halle parken, bis ich ihn wieder herrichte?“

„Natürlich“, lautete die Antwort. Das ist jetzt gut 20 Jahre her. Seitdem ist viel passiert: Angela Merkel hat Kanzler Gerhard Schröder abgelöst, Opel ist von der französischen PSA-Gruppe aufgekauft worden – und mein Opa hat sich mit seinem Nachbarn verkracht.

Warum? Das weiß keiner von beiden mehr so ganz genau. Aber klar ist: Der andere hat angefangen. Und ich kenne meinen Opa: Der ist nicht nur ein alter DJ und Draufgänger, sondern auch noch verdammt stur. Das Problem: Der Nachbar auch.

Und als dieser vor wenigen Wochen schließlich ankündigte, die Halle sanieren zu wollen und dass das Auto deshalb raus müsse, hat Opa wie reagiert? Genau. Gar nicht.

Die Konsequenz: Vor wenigen Tagen stand ein Abschleppwagen auf Nachbars Grundstück – und kurz darauf der Ascona in Opas Hof.

Ich hatte ja weiter oben bereits gesagt: Ich kenne meinen Opa. Daher habe ich befürchtet, dass er fürchterlich toben würde, wenn er seinen Ascona dort stehen sieht. Aber weit gefehlt. Er hat sich riesig gefreut, das lila-metallic glänzende Gefährt endlich mal wieder zu sehen, er hat es gelüftet, mit dem Kompressor von all dem Staub befreit und bei seiner Tochter und meiner Mutter angekündigt: „Ich müsste vielleicht mal rüber gehen und ihn fragen, was er dafür bekommt.“

Und deshalb wächst meine Hoffnung, dass sich die beiden Sturköpfe bald wieder verstehen. Ich erinnere mich noch gut an die Zeiten, in denen der Nachbar mit einem alten Werkzeugkoffer über die Straßen gelaufen kam und erst wieder nach Hause ging, wenn der Inhalt darin vernichtet war. Und nein, da waren keine Schrauben drin.

Vielleicht sitzen die beiden ja bald bei einem Bier aus der Werkzeugkiste vor dem alten Ascona und erinnern sich zurück, was es damals für schöne Zeiten waren. Als „Manta, Manta“ in die Kinos kam, an einen Kanzler Schröder noch nicht zu denken war – und als Opa bei seinem Freund anklopfte, um den Ascona einzumotten. Ich werde es ihm mal vorschlagen.

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