Ich wollte es mir lange nicht eingestehen, liebe ständig wachsende Fangemeinde. Aber ich kann die Zeichen nicht länger ignorieren: Ich werde alt. Beziehungsweise: Ich bin echt erwachsen geworden. So richtig erwachsen. Mein Terminkalender ist voll mit Hochzeiten und Babypartys, und mittlerweile habe ich sogar schon ein Lieblingswaschmittel. Jepp. Dass ich mit diesem Eingeständnis richtig liege, zeigt auch mein jüngstes Reiseziel: Es ging an den Tegernsee. Oder wie ich seit Sonntag sage: Es ging in den ruhigsten Urlaub, den ich je erlebt habe.
Von Paula Mainusch
Ich weiß ehrlich gesagt gar nicht mehr so genau, wie meine gute Freundin Jacky und ich darauf gekommen sind, an den Tegernsee zu fahren. Die Idee war einfach da. Und mit ihr viele Vorschläge, wie wir vier Tage in Bayerns schönster Stadt verbringen könnten: Morgens in ein hippes Café frühstücken gehen, mittags bummeln, dann wandern gehen und abends beim Heimatfest in Bad Wiessee Cocktails schlürfen. Herrlich!
Die Anspannung auf dem Weg zum Tegernsee war jedenfalls schon mal groß: Nur wenige Stunden vor dem Check-in in unsere Ferienwohnung wurde uns plötzlich im Buchungsportal angezeigt, dass die Rechnung nicht beglichen wurde. Und ohne bezahlte Rechnung würden wir den Zugangscode für unsere Wohnung nicht bekommen. Das war nicht nur ärgerlich, sondern auch nervenaufreibend, weil ich schon bei der Buchung irgendwie ein mulmiges Gefühl hatte. Könnte daran liegen, dass mir vor nicht mal einem Jahr für 12 Personen – wir wollten einen Junggesellinnenabschied feiern – kurz vor der Anreise einfach so unsere Unterkunft storniert wurde. Seitdem bin ich ein Angsthase. Aber das ist eine ganz andere Geschichte…
Die Hinreise war auch kein Zuckerschlecken. Der Streckenabschnitt kurz vorm Tegernsee wurde wegen Gleisarbeiten gesperrt. Also mussten wir uns nach alternativen Verbindungen umschauen, die natürlich dreimal so lang dauerten als die ursprüngliche Route.
Aber weißt du was? Das waren die beiden aufregendsten Dinge am ganzen Urlaub. Am Tegernsee angekommen begrüßten uns Ruhe und Erholsamkeit. Auf den Straßen waren nur wenige Menschen unterwegs, vor uns lag ein glasklarer See, und die Berge rahmten die Stadt wunderschön ein.
Mit unserer Wohnung hat schließlich auch alles funktioniert. Also umziehen und rein ins Getümmel – dachten wir. Doch von einem Getümmel war am Tegernsee keine Spur. Die Restaurants schlossen ihre Türen schon um 20:30 Uhr, das letzte Boot zum anderen Ufer legte um 18:15 Uhr ab, es gab eigentlich nur ein hippes Café, und beim Heimatfest in Bad Wiessee war auch wenig los.
Aber: Genau das haben wir gebraucht. Ohne es zu wissen. Für vier Tage lebten wir, als wären wir im Ruhestand. Und das waren wir im übertragenden Sinne ja auch irgendwie. Frühstück mit Blick auf den See, Apfelstrudel als Mittagssnack, lange Spaziergänge an der Promenade, Bücher und Kartenspiele: Das hat echt entschleunigt.
Ich sollte wohl einfach akzeptieren, dass ich erwachsen geworden bin und genau diese Art von Urlaub gut finden darf. Erinnere mich doch bitte nächstes Jahr daran, wenn ich auf die dumme Idee komme, an den Ballermann reisen zu wollen, liebe ständig wachsende Fangemeinde!