Von Fleischeslust und ignoranten Söhnen

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Bensing & Reith – Fastenblog: Von Fleischeslust und ignoranten Söhnen

Ich bin tatsächlich mal Marathon gelaufen. Einen nur, aber immerhin. Von Dortmund nach Essen, im Jahr 2009. Apropos Essen: Wie die ständig wachsende Fangemeinde ja weiß, verzichte ich seit Aschermittwoch auf Wurst und Fleisch. Und auf Bier. Das möchte ich die komplette Fastenzeit durchziehen. Über meine Erlebnisse schreibe ich an dieser Stelle.

Von Steffen Reith

Die Hälfte der Zeit habe ich mittlerweile hinter mich gebracht. Und als Sportler weiß ich ja, dass die zweite Halbzeit deutlich anstrengender ist als die erste. So war es damals übrigens auch beim Marathon. Bei Kilometer 35 kam der dicke Hammer, da hatte ich ernsthafte Probleme, überhaupt weiterlaufen zu können. Aber ich habe es geschafft und kam tatsächlich vor Zehnkampf-Olympiasieger Frank Busemann ins Ziel. Wobei ich mit schmerzverzerrtem Gesicht die Linie überquerte, und der Sonnyboy Busemann über beide Wangen (nicht Backen) strahlte. Ich konnte ihn gut beobachten, ich lag schließlich kurz hinter der Ziellinie. Aber das ist eine andere Geschichte.

Mein Fasten kann man schon mit einem Marathonlauf vergleichen, wobei letzteres körperlich deutlich anstrengender ist. Aber manche Herausforderungen sind wie eine Steigung.

Fasten ist auch eine Kopfsache. Man darf es zum Beispiel nicht vergessen. Immer wieder ertappe ich mich beispielsweise dabei, an die Wurstbox im Kühlschrank zu greifen, wenn ich das Frühstücksbrot mache.

Und man muss natürlich den Verlockungen widerstehen. Immer wieder stehe ich an einem Buffet und sehe leckeren Braten oder Schnitzel oder beides. Leicht ist das nicht.

Mittlerweile hat sich aber durch die ständig wachsende Fangemeinde rumgesprochen, dass ich Vegetarier auf Zeit bin. Neulich war ich in meinem Amt als Ortsvorsteher zur Gratulation bei Eheleuten, die binnen weniger Tage beide 80 Jahre alt geworden waren. Der Anteil an Käse- und Lachsschnittchen auf dem Tablett war immens hoch. Die Schwiegertochter des Hauses erklärte das damit, dass sie von meinen Fasten-Ambitionen gehört habe. Warum der Bürgermeister mir allerdings die ganzen Lachs-Häppchen weg futterte, habe ich nicht ganz verstanden. Mein Gemeindeoberhaupt war übrigens auch der erste, der gefragt hat, ob ich denn auch auf fleischliche Lust verzichte, wenn ich zurzeit so hart faste. Schön, wenn der Bürgermeister sich um das Wohlbefinden seiner Ortsvorsteher sorgt. Sonst ist der gar nicht so.

Auf Bier zu verzichten, fällt mir nicht so arg schwer. Neulich im Getränkehandel meiner Wahl (kurzer Werbeblock: Hallo Andreas Kaiser vom Fachmarkt Peter Koch) entdeckte ich ein interessantes Schild: „Stoppt Bierversuche.“ Daran halte ich mich. Ich komme nicht in Versuchung. Bis zum Ende der Fastenzeit. Dann aber werde ich mir eine Flasche „Pilgerstoff“ genehmigen. Davon stehen drei Kisten seit dem Geburtstag meines Sohnes Benedict im Keller. Zwei davon sind unberührt. Da fällt bestimmt noch ein Fläschchen für mich ab.

Ich soll ja generell nicht so viel über die Familie schreiben, wurde mir gesagt. Nachdem ich vergangene Woche meinen Vater noch berühmter gemacht habe als er schon ist, muss ich dieses Mal trotzdem doch noch einige Worte über Benedict verlieren. Der hat einen Freund namens Leon, der den ehrbaren Beruf des Metzgers lernt. Dieser Leon hat neulich meinem Sohn drei riesige Bauernwürste vermacht. Diese präsentierte Bene voller Stolz und hielt sie mir unter die Nase. „Oh, ich hab‘ nicht dran gedacht“, sagte er, nachdem ich ihn angeblafft hatte. Ich glaube es war Absicht, denn so ignorant kann doch niemand sein. Nicht mal der Bene.

Viele Leute fragen sich derweil, wie mein Geschäftspartner Nico mit meinem Fastenwahn klar kommt. Schließlich ist er der Mensch, den ich am Tag am meisten sehe. Wir sitzen ja hier viele Stunden in Redaktion/Agentur/Werkstatt/Gedankenturm beisammen und arbeiten hart. Richtig hart. Neulich hat er gesagt, dass er mich für meine Gleichmütigkeit bewundert. Ich sei ja noch viel netter geworden als zuvor. Das ist doch mal eine Aussage. Vielleicht faste ich nach Ostern einfach weiter. Nur wegen des Arbeitsklimas.

Wobei ich sagen muss, dass ich mich schon sehr auf das Weißwurstfrühstück eines alten Freundes am Ostersonntag (sein 49. Geburtstag)  freue. Dann habe ich die Ziellinie wohl ohne schmerzverzerrtes Gesicht überquert, der Marathon wird dann zu Ende sein.

 

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