Wahlkampf und die Wahl der Waffen

In Eichenzell wird ein neuer Bürgermeister gewählt. Steffen erzählt vom Wahlkampf.

Ich weiß gar nicht, ob du es weißt, liebe ständig wachsende Fangemeinde! Zum Angebot unserer Agentur gehört auch die Unterstützung von Männern und Frauen, die sich um ein politisches Amt bewerben. Die Nachfrage wächst genauso stetig wie du, liebe Fangemeinde. Schwarze, Rote, Parteilose fragen bei uns an. Sie lassen sich beraten, coachen und im Umgang mit der Presse schulen. Manche wollen auch Flyer oder eine Homepage. Wir schauen uns die Kandidaten vorher an und entscheiden, ob wir sie als Kunden haben wollen oder nicht. AfDler zum Beispiel würden wir nicht machen. Aber da hat ja noch keiner gefragt. Und das ist auch gut so. Nun steht am Sonntag die Wahl des neuen Bürgermeisters in meiner Heimatgemeinde Eichenzell an. Es gibt drei Kandidaten, es wird spannend! Das ist auch gut so.

Von Steffen Reith

Es treten drei ehrenwerte Männer an, die einen ziemlich intensiven Wahlkampf betrieben haben: Für die CDU der Johannes, für die Bürgerliste der Harald und als Parteiloser für die SPD der Lutz. Alle drei sind ehrenwerte Männer, die sich in den vergangenen Wochen den Arsch aufgerissen haben, um den Job als Bürgermeister zu bekommen.

Ich unterstütze den Lutz: Der sitzt mit mir in der Fraktion und ist einer der kompetentesten Kommunalpolitiker, die ich in den vergangenen 30 Jahren erlebt habe. Und: Er ist ein Menschenfreund. Mit ihm als Bürgermeister macht man nix falsch, sondern vieles richtig. So, das war es jetzt auch mit dem Werbeblock.

In diesem Blogtext soll es vielmehr darum gehen, wie sehr die Bürgerinnen und Bürger solch ein Wahlkampf beschäftigt. Und das ist vollkommen unterschiedlich. Einer der Kandidaten hat mir erzählt, dass Leute gar nicht wussten, dass ein neuer Bürgermeister gewählt wird, als er an der Haustür klingelte. Andere hingegen sind wie elektrisiert und können das Schließen der Wahllokale gar nicht mehr abwarten. Ich gehöre eher zur zweiten Spezies: Ich bin gespannt wie ein Flitzebogen. Wobei ich mir ziemlich sicher bin, dass ich das Endergebnis ganz ordentlich prognostizieren kann. Sollte man auch, wenn man sich so lange in der Politik rumtreibt wie ich.

Jedenfalls habe ich schon ne ganze Reihe an Wahlkämpfen aktiv mitgemacht oder als Journalist begleitet. Da ging es schon manchmal ziemlich übel zu. Ich kenne einen, der wurde unter seinem Namen in einem Flirtportal angemeldet. Und die Arschlöcher, die das waren, haben das noch schön publik gemacht. Was eine Sauerei! Hat Gott sei Dank nix genutzt. Der Mann hat trotzdem gewonnen.

Recht oft habe ich schon erlebt, dass jemand einem Kandidaten die Polizei auf den Hals gehetzt hat, um ihm nach einer Wahlveranstaltung den Lappen abzunehmen. Hat auch nicht geklappt. Ist neulich erst wieder passiert. Da soll die Triebfeder übrigens ein übereifriger Polizist gewesen sein.

Das alles ist in Eichenzell nicht passiert. Und das ist auch gut so. Beim Forum der Fuldaer Zeitung gingen die Bewerber gar so harmonisch miteinander um, dass sie sich lieber zum Bier trinken verabredeten, anstatt die Schwächen des Gegners herauszuarbeiten.

Gleichwohl gab es im Eichenzeller Wahlkampf auch für mich einiges Neues: Eine Comedy-Veranstaltung eines Bewerbers habe ich noch nicht erlebt. Und dass einer gar mit ner Kirmesgruppe rumreist, um Stimmen zu bekommen, war mir auch noch nicht untergekommen.

Jedenfalls war es schon ziemlich intensiv, manchmal ein bisschen arg: Wenn man sich zum Beispiel auf vorweihnachtliche Seniorentage setzt oder dort Werbematerial verteilen will, dann ist mir das dann doch ein bisschen too much. Die älteren Leute wollen doch in Ruhe dem Programm folgen oder miteinander plauschen. Das ist kein Forum für Wahlkampf. Das ist meine Meinung. Und das ist ja mein Blogtext. Da kann ich ja schreiben, was ich möchte.

Ich mag sie alle drei. Aber freilich wähle ich den Lutz. Und ich würde mich natürlich saumäßig freuen, wenn das noch viele andere täten. Ich nenne ihn auch gerne den XXL-Lutz. Nicht wegen seiner Körperfülle, sondern wegen seines Könnens. Ach, so: Der Werbeblock war ja schon rum. Nix für ungut, liebe ständig wachsende Fangemeinde. Und wenn jemand von euch, liebe Fans, mal Bürgermeisterin oder Bürgermeister werden will: Meldet euch! Wir helfen gerne!

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