Er ist zurück, der Eiserne Reith!

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Steffen ist stolz auf seine Verletzungen.

Ich bin zurück, liebe ständig wachsende Fangemeinde! Hatte mir eineinhalb Wochen Jahresurlaub gegönnt. Mehr geht als Gründer nicht. Jetzt fragt ihr euch sicher: Hat er alles unbeschadet überstanden? Meine Antwort: natürlich nicht. Doch anders als Kollege Bensing jammere ich nicht über körperliche Blessuren. Nein, ich bin stolz auf jeden blauen Fleck und jede Schürfwunde. Ich bin schon ein hartes Schwein mir selbst gegenüber. Nennt mich ab sofort Iron Right! Oder gerne auf deutsch: Eiserner Reith!

Von Steffen Reith

Ich muss gestehen, dass ich echt platt war: Viel gearbeitet, vieles war passiert. Ich musste mal raus. Aktive Erholung war die Devise. Deshalb Südtirol, deshalb Wandern. Und Mountainbiken. Ich hatte mich nicht wirklich mit dem Urlaub beschäftigt, aber auf der Homepage gesehen, dass das Hotel Laperla (das ist übrigens super) kostenlose Montainbike-Touren anbietet. Das wollte ich unbedingt machen!

Jetzt bin ich ja nicht gerade als fleißiger Radfahrer bekannt. Von daheim bis in den Gedankenturm. Von daheim bis an den Friedhof, um zu schauen, ob die Müllcontainer voll sind. Und von daheim bis an den Sportplatz. Abgesehen von einer Tour bis nach Rönshausen war es das in diesem Jahr. Ne gute Vorbereitung sieht jedenfalls anders aus.

Aber wenn man Iron Right sein will, muss man auch mal untrainiert Rad fahren. Und so entschied ich mich in Südtirol für eine 40 Kilometer lange Tour mit 1100 Metern Höhe und 1500 Metern Tiefe. Ohne Motor, nix E-Bike. Meine Gattin fragte dezent, ob ich mir das wirklich zutrauen würde. Was für eine Frage! Unverschämtheit.

Erst in der Nacht vor der Tour überkamen mich leichte Zweifel. Aber die wischte ich mit dem mir eigenen Selbstbewusstsein weg.

Als ich am Treffpunkt ankam, begrüßte mich mein Guide Lorenzo mit den Worten: „Hasse Gluck. Bisse alleine in de Gruppe.“ Über Lorenzo sollte ich vielleicht einige Worte verlieren. 24 Jahre alt, lange Locken, durchtrainiert vom täglichen Mountainbike fahren im Sommer und Snowboarden im Winter. Er arbeitet als Coach und Lehrer und findet es „im Winter net so slimm“, dass er keine feste Freundin hat. Wenn ihr versteht, was ich meine.

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Lorenzo freute sich über die Tour mit mir.

 

Jedenfalls erinnerte er mich ein wenig an Kollege Bensing, auch wenn Lorenzo jünger und größer ist. In die Dachschräge des Gedankenturms passt Lorenzo jedenfalls nicht. Aber das ist eine andere Geschichte.

In der Gondel hoch zur Seiser Alm erklärte ich Lorenzo, dass ich nicht der Montainbiker schlechthin sei, aber mich in einem ansprechenden Fitnesszustand befände. Hätte ich vielleicht nicht tun sollen. Jedenfalls freute sich der Bursche, dass er auf seiner Tour mal so richtig in die Vollen gehen kann.

Kaum waren wir angekommen, ging es auf den Bikes erst mal volles Rohr bergab. Ich hielt wacker, ohne mich – salopp gesagt – auf die Fresse zu legen.

Bis Kilometer zwei.

Da nämlich beutelte es mich gewaltig. Weil ein Lkw mitten auf dem Weg stand, mussten wir ausweichen. Lorenzo meisterte die Hürde grazil im Stile eines Profis, ich aber touchierte das Fahrzeug leicht mit der rechten Schulter. Das brachte mich zu Fall. Aber nicht irgendwie ein bisschen. Ich flog nach links weg, riss einen Zaun um und kullerte eine Wiese hinunter, auf der zwei Pferde grasten.

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Hier hat es mich ordentlich gebeutelt.

 

Abgesehen davon, dass ich wie ein Schwein nach einem Schlammbad aussah, merkte ich den Sturz schnell an recht vielen Stellen meines Körpers. Knie aufgeschlagen, Wunden an Hand und Ellenbogen, Schmerzen in der Rippe. Und die beiden Pferde fanden mein Eindringen auch nicht sonderlich lustig. Das nur am Rande.

Lorenzo goss ne Menge Jod auf meine Wunden und sorgte sich dann mehr um den demolierten Zaun als um seinen blutenden und darbenden Schützling. Vielmehr wies er mich an, umgehend bei der Reparatur des Zaunes zu helfen. „Müsse aufpasse, dass Pferde net abhaue“, sagte er in seinem charmanten Deutsch. Noch unter Schock stehend, machte ich mich daran, die ersten Pfosten in den Boden zu rammen, ehe mich der nächste Schlag ereilte. Und dies im wahrsten Sinne des Wortes. Der Zaun stand nämlich noch unter Strom. Und dass, obwohl Lorenzo behauptet hatte, ihn abgestellt zu haben.

Nun ja, einen Iron Right erschüttert ja nach solch einem kapitalen Abflug gar nichts mehr. Jedenfalls machten wir den Zaun wieder ganz und setzten dann unsere Fahrt fort. Auf den Gedanken, aufgrund der Schmerzen abzubrechen, kam ich erst gar nicht. Lorenzo auch nicht. Er jagte mich den ganzen Tag Berge hinauf und hinab. „Jetzt isse net mehr so steil“, sagte er immer wieder, um mir dann den nächsten Berg vorzusetzen. Jedenfalls meisterte ich alle Aufgaben recht ordentlich. Bis in die frühen Abendstunden waren wir unterwegs, genossen unglaubliche Ausblicke. Und nach Zielankunft war ich stolz wie Bolle. Trotz Sturzes und Schmerzen hatte ich die komplette Strecke bewältigt. Das Gefühl ähnelte sehr stark meinem Finishing beim Marathonlauf 2009 in Essen.

Und wenn ich später wieder eine Schramme oder einen Bluterguss an meinem Körper neu spürte und/oder entdeckte, freute ich mich wie ein Boxer nach einem gewonnenen Kampf. Aber auch Tage später nach meinem Urlaub ließen die Schmerzen im rechten Ringfinger nicht nach. Das war dann doch nicht mehr so lustig. Diesen Finger habe ich mir in den vergangenen Jahren schon zweimal massivst demoliert. Verstehe nicht, dass es immer diesen armen Kerl trifft. Aber das ist eine andere Geschichte.

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Nach dem Röntgen war klar: Da ist was kaputt.

 

Mittlerweile wurde er geröngt. Diagnose: Strecksehne gerissen, acht Wochen lang muss ich eine Schiene tragen. Das ist doof, aber gleichzeitig eine bleibende Erinnerung daran, welch harter Kerl ich bin. Welche Herausforderung ich gemeistert habe. Der Eiserne Reith. Und wenn Kollege Bensing aus seiner Dachschräge im Gedankenturm kommt und über Wehwehchen jammert, hebe ich immer den kaputten Finger. Dann schweigt er schnell und schaut bewundernd. Gut, gell?

Übrigens: Neue Wanderschuhe hatte ich mir vor dem Urlaub gekauft. Und natürlich hat sich Iron Right keine einzige Blase gelaufen. Nicht mal eine kleine Hautveränderung an den Füßen ist zu erkennen. Hornhaut nennt man so etwas. Vielleicht leihe ich mir demnächst mal die Raspel meiner Frau aus.

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