Keine Haare, keine Probleme!

Nico war beim Friseur. Und musste danach noch mal zum heimischen Friseur, der Mama.

Kennt ihr dieses unbeschreiblich schöne Gefühl, wenn ihr den Friseursalon verlasst und und euch wie neugeboren, jung und attraktiv, be- und verzaubernd fühlt? Ich nicht. Ihr lest nun: Die lange Geschichte meiner kurzen Haare.

Von Nico Bensing

Was soll ich sagen! Ich habe ein sehr großes Talent, aus meinem Haupthaar eine außergewöhnliche Frisur zu zaubern. Von schön ist hier nicht zwingend die Rede. Auch wenn das – wie sollte es anders sein – einige Menschen anders sehen und regelmäßig von meinen neuen Frisuren angetan, ach was, begeistert sind. Ich tippe darauf, dass das allerdings eher an meinem Engelsgesicht liegt. Aber das ist eine andere Geschichte.

Immer wieder gerne denke ich zurück an meine Zeit mit mehr als schulterlangem Haar, als ich noch Student war und von Luft und Liebe lebte. Heute sind die Haare kurz, und von Student, Luft und Liebe ist immerhin die Luft geblieben.

Mit einem Grinsen denke ich auch zurück an eine Kirmes vor etlichen Jahren, während dieser mein alter Spezi Jens auf eine glorreiche Idee kam. „Ey!“, sagte er. „Lass uns die Haare abrasieren.“ So lange wie zu Studienzeiten waren sie damals zwar längst nicht mehr. So kurz wie nach dieser Idee waren sie allerdings auch sehr lange nicht mehr. Bis heute quasi.

Eine blöde Wette, eine Schnapsidee oder Geschmacksverirrung ist diesmal allerdings nicht dafür verantwortlich, dass ich so aussehe, wie ich jetzt nun mal aussehe. Die Geschichte geht wie folgt: Ich gehe zum Friseur. Im Gepäck eine Idee, die da lautet: an den Seiten schön kurz und oben halt ein wenig länger. Das teile ich auch meinem Friseur mit und zeige ihm dazu ein paar Fotos von Männern, deren Haare an der Seite kurz und oben halt ein wenig länger sind. Er klärt mich auf: „Das wird bei dir natürlich etwas anders aussehen, da du eine andere Kopfform hast und sich auch schon Geheimratsecken andeuten.“ Ich entgegne selbstsicher: „Das ist mir schon klar. Wird sicherlich besser aussehen als auf den Fotos.“

Der junge Mann legt also los, packt den Rasierer aus und säbelt die Haare an den Seiten ab. Schon beim ersten Blick in den Spiegel frage ich mich: Ob das eine gute Entscheidung war? Das ist schon arg, arg, arg, arg kurz an den Seiten. Schnell schiebe ich die Gedanken aber weg und sage mir: Egal. Die Haare an den Seiten sind jetzt ohnehin schon ab. Und wer weiß: Vielleicht sieht es am Ende ja doch ganz gut aus.

Spätestens 15 Sekunden, nachdem ich den Friseursalon verlassen habe, weiß ich: Sieht nicht gut aus. Woran ich das festmache: Ein dunkelhäutiges Paar, circa 50 Jahre alt, läuft mir entgegen und blickt mich äußerst, äußerst, äußerst skeptisch an, wechselt schnell die Straßenseite und tut so, als hätte das nichts mit mir zu tun. Ich schleiche zum Auto und blicke in den Rückspiegel. Huiuiui. Richtig übel: Jeder NPD-Ortsverband-Kassenwart wäre stolz auf mich. Das muss ich ändern. Als nächstes geht’s zurück in den Gedankenturm. Mal sehen, was Kollege Steffen sagt. Und liebe stetig wachsende Fangemeinde, ich gebe seine Reaktion ungefiltert wieder. O-Ton Reith: „HAHAHAHAHAHAH! Ich habe echt einen stressigen Tag, Nico. Aber das! Das macht alles wieder wett! Danke dir für diese Frisur!“

Bitte.

Und Steffens Papa Claus stellt treffend fest: „Im Sommer rennt er mit der Mütze rum, und jetzt im Oktober rasiert er sich die Haare ab.“ Ja. Da kann ich auch nichts Schlaues entgegnen.

In mir reift also ziemlich schnell der Entschluss: So kann ich nicht die nächsten Wochen unter Leute gehen, ergo: Die Haare müssen komplett abrasiert werden. Das teile ich kurz darauf meiner Mutter mit. Ich schreibe ihr: „Mama. War beim Friseur. Katastrophe! Du musst die mir abrasieren.“ Meine Mutter antwortet: „Ach, Quatsch. Stell dich nicht so an. Sieht bestimmt nicht so schlimm aus. Aber wenn wir das komplett abrasieren, sieht es ganz sicher blöd aus.“

Nun ja, was soll ich sagen. Bei meinen Eltern angekommen, entgegnet mir meine Mutter: „Ich hole den Rasierer.“

Und Papa, der bis dahin die Zeitung studiert hat, blickt mich an, lacht laut auf und sagt: „Astreine Nazi-Frisur.“ Danke, Papa.

Also raus auf die Terrasse, Rasierer ansetzen, weg mit dem Rest an Haaren, der da noch hämisch auf der Birne thront. Jetzt habe ich eine Frisur, wie ich sie zu Grundschulzeiten schon oft hatte, als meine Eltern das stets selbst erledigten, um den Gang zum Friseur zu sparen: ziemlich gleichmäßig rundum neun Millimeter.

Abends im Training angekommen, kassiere ich neben ein paar dummen Sprüchen („Liebe Mannschaftskollegen, darf ich vorstellen: unser neuer Mitspieler.“) auch ein paar aufmunternde Worte: „Sieht echt gar nicht soooo schlimm aus, Nico.“ Und: „Wächst ja wieder.“ Oder: „Besser als ein Arschgeweih, das kriegst du nämlich nicht so einfach weg.“

Spätestens nach dem Training und nach dem Duschen stelle ich dann aber fest: Ich habe alle Kritiker Lügen gestraft! Denn: Einmal mit der Hand über die kurzen Haare gestrichen, schon ist die „Matte“ trocken. Ha! Hat der Bensing also doch mal wieder alles richtig gemacht. Natürlich. Denn klar ist: Keine Haare, keine Probleme!

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